Einblick/Ausblick


Navigare necesse est
Skulpturen im Schleusenpark

 

Fünf temporäre Arbeiten

 

Kunst stellt Fragen und Infrage. Das ist ein wesentliches Merkmal für Kunst. Dies auf einen konkreten Ort hin, im öffentlichen Raum anzuwenden, stellt eine zusätzliche Herausforderung für das künstlerische Arbeiten der Studierenden dar. Diese Erschwernis gegenüber dem Arbeiten im Atelier ist zugleich eine große Chance für die Weiterentwicklung der eigenen Arbeit, da andere Dimensionen und Kategorien zu denken sind. Denn der Außenraum erfordert, mit Materialien zu arbeiten und in Medien zu denken, die der Witterung, der Zeit, dem Licht, den Geräuschen, der Funktion des Ortes usw. und schließlich dem öffentlichen Publikum standhalten sollen. Dieser Prozess ist nun den fünf durch ein Wettbewerbsverfahren ausgewählten Arbeiten im Schleusenpark für die Öffentlichkeit einseh- und hörbar.


Hier sind fünf künstlerische Positionen formuliert, die an den gegenwärtigen Diskurs zu Kunst im öffentlichen Raum anknüpfen und in ihren Installationen und Skulpturen sehr unterschiedlich auf die Besonderheiten des Parks eingehen: Seine geographische Lage am Nord-Ostsee-Kanal, seine Funktion, seine Anlage selbst, seine Wegführung und schließlich seine gravitätische Aussichtsplattform.

 

Navigare necesse est - wir hoffen und wünschen, dass möglichst viele Besucher sich an den humorvoll hintergründigen Arbeiten erfreuen können und es ihnen gelingt, etwas sichtbar zu  machen, was andernfalls unsichtbar bliebe.

 

Elisabeth Wagner

 

 

"Giraffe"


Thomas Jürs
Skulptur
580x100x300 cm
Holz

 

Dem Besucher des Schleusenparks begegnet auf der Aussichtsplattform der lebensgroße Kopf einer Giraffe - eine Perspektive, die vollkommen überraschend ist. Der Blick auf Horizont und Ferne, den zu ermöglichen die Funktion einer Aussichtsplattform bestimmt ist, wird visuell gestoppt durch das unerwartet frontal zum Besucher hin ausgerichtete Gesicht der Giraffe, die sich hinter der Balustrade vom Weg her auf insgesamt nahezu sechs Meter aufrichtet und ihm oben auf der Plattform in Augenhöhe begegnet. Assoziationen zu Afrika, Exotik und Sehnsüchte der Ferne, die auch gerne der Schifffahrt zugeschrieben werden, werden durch diese Spezies wachgerufen und stehen im gleichzeitigen Widerspruch zu der körperlichen Nähe ihres vis-à-vis hier vor Ort. Trotz der Größe wirkt das Tier wie roh und lapidar aus Latten zusammengezimmert. Was macht die Giraffe hier an diesem Ort? Dieser rätselhafte Aspekt wird unterstützt durch die Erinnerung an das Trojanische Pferd. Und es stellt sich die Frage: Was transportiert sie? Wem wird hier, an dieser Stelle eine Falle gestellt?

 

 

"Was macht der Mensch im Weltraum"


Johanna Schreurs, Sabrina Schuppelius
Performance
Sonntags über 3 Monate für je eine Stunde ab 15 Uhr

 

Jeden Sonntag wird eine menschliche Bewegung durch wechselnde, ausgebildete Tänzer/innen für eine Stunde in den Park gebracht. Die Tänzer/innen bespielen nach ihrer Profession das gesamte Gelände in seinen unterschiedlichen Qualitäten und erschließen dabei individuell den Raum. Es handelt sich nicht um eine eingeübte Choreographie, sondern eine freie, bezogen auf den Ort entstehende Bewegung ohne Musik. Es entsteht ein Dialog mit dem spezifischen Ort und seiner Architektur, seinen Geräuschen und seiner Atmosphäre. Dabei kontrastiert die menschliche Geste, Bewegung, die Unbelebtheit der neuen Anlage und die Schwere seiner Aussichtsplattform.

 

 

"Pass"


Torben Laib
Soundinstallation
Alphornklänge, Lautsprecher
7 Tages-Loop mit Höhepunkten gegen 18.00 Uhr

 

Wie der Herzschlag und der Atem kontinuierlich an- und abschwellen, schallen in einem Tagesrhythmus Alphornklänge durch den Schleusenpark. Neben der Ost-West Passage in Form des Kanals bildet sich eine Brücke von Süden nach Norden.
Das Echo einer weit entfernten Verwandschaft.
Die in den Alpen aufgenommenen Alphörner, die traditionell als Kommunikationsmittel verwendet wurden, treffen auf die Klänge der Nebelhörner.

Dank an:
Werdenfelser Alphornbläserinnen, Elisabeth Heilmann-Reimche, Heinrich Reimche

 

 

"Nixenbad"


Maria Malmberg
Soundinstallation
150x195x0,8 cm
Stahl, Beton, Audiotechnik

 

Nixen als mythologische Figuren. Wassergeister. Sie zeigen sich in unterschiedlichsten Gestalten, wandelbar wie das Element Wasser. Der oberirdische Teil des Nixenbades ist als Stahlblech sichtbar. Die Form changiert zwischen einer Hai-Finne und dem Kiel einer Yacht. Neben Unterwasserklängen von Nord- und Ostsee erklingen Frauengesänge. Lockend, fordernd, verführend.

 

 

"Wilhelm"


Frederike Brenseler
Skulptur
185cm
Stahl, Draht, Beton, Altkleidung

 

Eine lebensgroße Skulptur aus profanen Materialien, maskiert mit einem Betonabguss des Antlitzes Kaiser Wilhelms II., nimmt dezentral platziert in der Böschung hinunter zur Uferstraße und einreihend in die umliegenden Kulturdenkmäler einen geschichtlichen Bezug zu dem Kanal und hinterfragt gleichzeitig demonstrierend das herkömmliche Kaiserstandbild bzw. den Bezug, der zwischen Betrachter und konventionellem Herrscherdenkmal im urbanen Raum besteht. Das gewohnte Kaiserstandbild wird als solches negiert und durch die irritierende Wirkung, die zwischen Skulptur und Betrachter entsteht, umgedeutet. Neben einer Hinterfragung der historischen Person Wilhelms II. nimmt sich die Skulptur der vorhandenen Anonymität im Park an und greift die Frage der Beobachtung, des Verhaltens und der Kommunikation der Parkbesucher untereinander auf. 

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